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Gott sieht anders

Liebe Leserin, lieber Leser!

„Anders“ lautet das Stichwort für die vorliegende Ausgabe von das prisma. Es deutet auf Veränderung hin. Es markiert Unterschiede zwischen Vorher, Jetzt und Nachher und fragt danach, was anders ist und wie etwas anders ist.

Anders ist seit der Konzeption dieser Prisma-Nummer die Herausgeberschaft. Wilfried Hagemann, dem sich nicht zuletzt die Idee und Gründung dieser Zeitschrift verdankt und der sie seit ihrem Beginn geleitet hat, wollte die Verantwortung in jüngere Hände legen. Ihm sei an dieser Stelle ein großes Danke gesagt für sein inspiriertes und inspirierendes Engagement über Jahrzehnte hinweg, sei es als Leiter der Herausgeberkonferenz, sei es als Verfasser zahlreicher profunder Beiträge. Vielen Leserinnen und Lesern hat er aus dem Charisma der Einheit neue und zukunftsweisende Gedanken vermittelt und wird dies als Autor von Beiträgen dankenswerterweise auch weiterhin tun. Nun wurde mir diese Aufgabe anvertraut, die ich mit Freude und unterstützt von einem großartigen Herausgeberteam in Angriff genommen habe. Zu meiner Person: Ich bin im Jahr 1967 in der Steiermark (Österreich) geboren, seit 22 Jahren Priester der Diözese Graz-Seckau und nach unterschiedlichen Aufgaben nunmehr bereits einige Jahre in der Priesterausbildung tätig. Als Jugendlicher lernte ich das Charisma der Einheit kennen und verdanke ihm eine tiefgreifende Erneuerung meines Glaubens, das Entdecken meiner Berufung sowie vielfältige und faszinierende Einsichten über „Gott und die Welt“. Durch mein Doktoratsstudium habe ich mich besonders in die Theologische Anthropologie vertieft und verfasste meine Dissertationsschrift zum Thema „Trinitarische Anthropologie bei Chiara Lubich“. Aktuell arbeite ich als Spiritual im Propädeutikum, dem Einführungsjahr der Priesterseminare Österreichs. Das Prisma habe ich von der ersten Nummer an mit großem Interesse und oft mit Gewinn gelesen und hoffe, dass ich auch einen bescheidenen Beitrag zur positiven Weiterentwicklung leisten kann.

Anders ist ab nun auch der Preis für das Abonnement. Aufgrund der steigenden Layout- und Druckkosten ist es nötig, den Preis um jährlich 2 Euro anzuheben. Wir bitten dafür um Verständnis und danken für das Interesse an dieser in mehrfacher Hinsicht doch einmaligen Zeitschrift für Theologie, Spiritualität und Pastoral, in welcher eine große Vielfalt von Stimmen erklingt, die dennoch von einem gemeinsamen Geist durchwirkt ist.

Inhaltlich geht es in dieser Ausgabe auch um das „Anders“. Die als Titel verwendete These „Gott sieht anders“ provoziert Fragen und vielleicht auch Perplexität. Ist eine solche Aussage über Gott nicht frivol? Wie kann man sich das Sehen Gottes überhaupt denken? Und wenn Gott anders sieht als wir Menschen, was ist der Unterschied zu unserem Sehen; der Unterschied in der Weise des Sehens und der Unterschied, was den Inhalt des Geschauten betrifft? Können wir als Menschen die Sichtweise Gottes einnehmen, aus seiner Perspektive, mit Seinen Augen, auf die Wirklichkeit blicken? Und wenn ja, wie? Welche Voraussetzungen braucht es, um jene Erfahrung zu machen, die Papst Franziskus den an Christus Glaubenden zuspricht, wenn er schreibt: „Der Glaube blickt nicht nur auf Jesus, sondern er blickt vom Gesichtspunkt Jesu aus, sieht mit seinen Augen: Er ist eine Teilhabe an seiner Sichtweise.“ (Enzyklika Lumen fidei Nr. 18)? Dass unsere Einsichten, unsere Weltanschauung und in der Folge unser Denken, Sprechen und Handeln wesentlich davon abhängen, wie und was wir sehen (können und wollen), ist offensichtlich. Dass wir zu einem nicht unbedeutenden Teil selbst dafür Verantwortung tragen und wie sehr wir selber unsere Sichtweise, unsere Einsichten und folglich unser Denken, Leben und Glauben prägen können, wird bisweilen erheblich unterschätzt.

In diesem Heft findet sich ein breites Panorama von Beiträgen zur Thematik. Als Betrachtung (ein treffendes Wort für „Meditation“) zur Grundperspektive des Glaubens, die Frucht einer intensiven mystischen Erfahrung von Chiara Lubich ist, dient der Text Auferstehung Roms. Von unterschiedlichen Zugängen aus wird sodann das Thema in den Blick genommen. Entsprechend der Disziplinen, Kompetenzen und Erfahrungen der Autorinnen und Autoren kommt ein buntes Mosaik von Inhalten zum Leuchten. Von biblischen Beiträgen (AT und NT) bis zu dogmatischen bzw. fundamentaltheologischen Auseinandersetzungen; von pastoraltheologischen Erschließungen und pastoralpraktischen Überlegungen bis zu Artikeln, die in den Bereich der spirituellen Theologie gehen; von Erfahrungsberichten über das (nicht nur rosige) Leben in der Perspektive des Glaubens bis zur Reflexion über unterschiedliche Wahrnehmungen aus der Feder eines Naturwissenschaftlers, der als Astrophysiker den Glauben nicht beiseitelegen muss. Der breite Bogen der 14 Artikel spannt sich von fachwissenschaftlichen Artikeln über Reflexionen (etwa über das universitäre Institut SOPHIA oder über einen zeitgenössischen Künstler und seine Werke), einem Interview mit einem Ehepaar (wie im „Hof der Hoffnung“ neue Perspektiven für Menschen erwachen können), einer Seh-Schule mit Kindern als Lehrenden bis hin zu einer Buchbesprechung.

Neugierig geworden? Dann wünsche ich Ihnen, liebe Leserin / lieber Leser, den Mut sich die nötige Zeit zu gönnen, um mit wachem Geist und offenem Herzen die folgenden Beiträge zu lesen, um dadurch vielleicht selber neu und anders sehen, denken und – warum nicht? – leben zu lernen.

Stefan Ulz

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