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Gott auf dem Nullpunkt seiner Macht – Klaus Hemmerle und der Gedanke der Kenosis

Im Gespräch mit Bernd Aretz, Fokolar aus Köln

Das Leben aus der Einheit bekommt für den verstorbenen Bischof Klaus Hemmerle „seine unverwechselbare Gestalt da, wo wir Maß nehmen am Leben des dreifaltigen Gottes.“ Gelebte Dreifaltigkeit, die aus dem Wechselspiel von Einheit und Vielfalt lebt, ist das zentrale Thema des Theologen Hemmerle. Er fordert ein neues Denken, das ein statisches Gottesbild durch ein dynamisches ersetzt und den Menschen in seiner Zeitlichkeit wirklich berührt. Damit nimmt er Abschied von einem Substanzdenken und stellt das Sich-Geben als gelebte Liebe in die Mitte. Der stärkste Ausdruck dieser Liebe zeigt sich in der Kenosis – in seiner Erniedrigung und der Solidarität mit allen Menschen.

Im Gespräch mit Bernd Aretz wollen wir tiefer ergründen, wo der Unterschied zwischen einem statischen und einem dynamischen Gottesbild liegt, was Kenosis bedeutet und für uns als Christen, als Kirche und in der Gesellschaft bedeutet. Impulse und Gespräch miteinander werden den Abend prägen.

Bernd Aretz ist Historiker, Politikwissenschaftler und Theologe. Er arbeitet seit vielen Jahren als Journalist, zunächst als Chefredakteur einer Jugendzeitschrift, seit 2002 für die theologische Fachzeitschrift „Das Prisma“. Der Autor mehrerer Biografien, u.a. von Dietrich Bonhoeffer und Martin Buber, lebt in einer Fokolargemeinschaft in Köln.

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Bernd Aretz hat in die Deutung des Kenosis-Begriffs bei Klaus Hemmerle eingeführt. Der Begriff stammt aus Phil 2,7 und kann als „Entäußerung“ Gottes, einhergehend mit der Aufgabe der Allmacht Gottes, verstanden werden. Gott stellt sich aus Liebe unter die Daseinsbedingungen des Menschen, zu denen auch das Leid gehört. Klaus Hemmerles Kenosis-Deutung eröffnet auch einen Zugang zur Theodizeefrage, die wie bei Hans Jonas mit der Ohnmacht Gottes beantwortet wird. Die Frage ist – und dazu hatte Hemmerle wohl auch kontroverse Diskussionen mit Levinas –, ob dieses Gottesbild überzeugen kann. Aus der Kenosis gewinnt Hemmerle auch die Basis für den Dialog: das Leerwerden. Hier ist fraglich, inwieweit nicht nur Vor-Urteile keine Rolle spielen sollen, sondern auch Wissensbestände, ob und wann also ein Dialog auch abgebrochen werden kann oder soll, weil es einfach keinen Sinn hat, da die Positionen schon von den Annahmen zu tatsächlichen oder vermeintlichen Fakten her zu unterschiedlich sind. Zwar hat Bernd Aretz den Unterschied zwischen Dialog und Diskussion idealtypisch deutlich gemacht, die Frage bleibt allerdings, ob das in der Praxis durchzuhalten ist, ob also Gespräche als „reine“ Dialoge funktionieren. Ebenso dürfte umstritten sein, ob das Konzept des „Erscheiterns“ für das Christsein ein Schlüssel sein kann. Jedenfalls eröffnet es jenseits von starrem Dogmatismus einen Weg zum Dialog „auf Augenhöhe“. Abschließend hat uns Bernd Aretz mit dem Künstler Joseph Beuys einen ganz eigentümlichen Zugang zum Kreuzesgeschehen vorgestellt, der Kirchenkritik mit der Herausforderung der Kenosis verbindet.

J.B.

Hat bereits stattgefunden.

Beginn: 25.10.2022 19:30 Uhr

Ende: 25.10.2022 21.00 Uhr

Zum Thema "Klaus Hemmerle und der Gedanke der Kenosis" wurden folgende Fragen mit "Ja" beantwortet:

Haben Impulse und Gespräch heute Abend Ihren Horizont erweitern können?

Ist die Wirklichkeit der Kenosis Jesu klarer geworden?

Erscheitern - ist das eine Perspektive für Christsein heute?

Kann der Gedanke der Kenosis eine Hilfe sein in der kirchlichen Situation heute?