Die Sicht auf die katholische Kirche scheint sich zur Zeit auf Rom zu fokussieren, auf die Haltung des Papstes zu den drängenden Fragen der Gegenwart. Wir freuen uns, mit Prof. Ernesti einen Referenten gewonnen zu haben, der in dieser schwierigen Situation der Kirche mit seinem Vortrag unseren Blick weiten kann in die Kirchengeschichte hinein und im Besonderen auf das Pontifikat von Papst Paul VI.
Er selbst schreibt uns dazu: „In einem Gespräch hat mir Kardinal Lehmann einmal gesagt: „Es ist schade, dass Paul VI. in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend auf Humanae vitae verengt wird. Dabei hat er uns Heutigen doch so viel zu sagen.“ Dieses Wort hat mich neugierig gemacht und ist für mich zum Anstoß geworden, mich wissenschaftlich mit dem Montini-Papst zu beschäftigen. So hat sich in den letzten 15 Jahren bestätigt, dass dieses Pontifikat reich an Anregungen ist. Nicht von ungefähr beruft sich Papst Franziskus immer wieder auf diesen heiligen Vorgänger.“
Prof. Jörg Ernesti (Jahrg. 1966) stammt aus Paderborn und wurde im Jahr 1993 zum Priester geweiht. Nach der Promotion im Jahr 1997 und der Habilitation in 2003 promovierte er im Jahr 2007 auch in Dogmatik/Ökumenische Theologie. Nach verschiedenen Stationen u.a. an der Universität Mainz und der Phil.-Theol. Hochschule in Brixen ist er seit 2013 Professor für Kirchengeschichte an der KThF Augsburg.
Feedback
Es war ein großartiger Vortrag, der noch lange in mir nachhallen wird. Es tut gut, nicht nur die "berufliche" Seite eines Bischofs oder Papsts zu kennen, sondern auch deren Persönlichkeiten, ihre inneren Kämpfe und wie sie ihr Amt wahrnehmen.
Der Papst weint! Papst Paul VI. machte es sich nicht leicht. In allen wichtigen Fragen holte er zunächst die Stellungnahmen von erfahrenen Theologen und Bischöfen ein, wog deren Aussagen gründlich ab und brachte sie im Gebet vor Gott. Dann rang er in aller Stille und hörte auf das, was Gott ihm ins Herz gab. Wenn er dann eine Entscheidung traf, tat er das mit der seelsorgerlichen Verantwortung für die Kirche, auch im Hinblick auf die kommenden Generationen. Gott und sein Gewissen waren die höchste Instanz.
Er dekretierte nicht, sondern handelte mit viel Mitgefühl und hatte dabei das Wohl der Kirche und der gesamten Menschheit im Blick. Dies zeigt sich deutlich bei der Gründlichkeit und Ausführlichkeit von "Humanae vitae". Gewissermaßen prophetisch sah er Entwicklungen voraus. Die erwähnte Enzyklika deutet diese an und versucht vorzubeugen.
Persönliche Schicksale gingen ihm so sehr nach, dass er weinte, weil ihm die Not der Menschen vor Augen stand. Empathie und Liebe kennzeichneten ihn. Professionelle Distanz war ihm fremd.
Prof. Ernesti brachte uns Paul VI. so nahe, dass ich eine große Bewunderung für diesen beeindruckenden Menschen empfinde. Papst Franziskus ist durch ihn inspiriert und bezieht sich immer wieder auf ihn.
HJH